Wo die Sonne und der Fluss untergehen
Der Frühling ist nicht unbedingt die beste Jahreszeit, einen unterirdischen Höhlengang zu besuchen. Wozu soll man die dunklen, engen Gassen einer Höhle aufsuchen, während die Natur in den Tälern und auf den Bergen blüht und die Städte mit ihren unzähligen Sehenswürdigkeiten, besonderen Kostbarkeiten und Einkaufsmeilen die Besucher locken? Doch es gibt manche Orte, die gerade im Frühjahr ihre Geheimnisse preisgeben. Die Grotten von Han gehören zu diesen magischen Orten, die besonders im Frühling ihre besten Seiten zur Schau stellen.
Seit 2018 UNESCO Global Geopark Gelegen im Süden von Belgien ist die Domäne der Grotten von Han das Zentrum des Geoparks Famenne-Ardenne. Die Gegend wurde 2018 als erste belgische UNESCO Global Geopark anerkannt. Entsprechend dieser Bezeichnung ist die Fläche von 911 km² „ein besonders ausgewiesenes Gebiet von internationaler geologischer Bedeutung, in dem Erdgeschichte erlebbar gemacht wird“.
Obwohl der Geopark die Täler von drei Flüssen, nämlich Lesse, Lomme und Ourthe umfasst, genießen die Tropfsteinhöhlen und der Wildtierpark der 250 Hektar großen Domäne eine besondere Bekanntheit.
Die Tropfsteinhöhlen, die als attraktivste Sehenswürdigkeit in der Domäne gelten, bieten den Besuchern neben der regulären Höhlentour auch die Möglichkeit, eine zauberhafte Ton- und Lichtschau in den magischen Natursälen zu bewundern. Im Rahmen der Sonderführungen können die Besucher sogar die Querflöte mit verschiedenen Musikgenres in einer unvergesslichen Kulisse genießen.
Die Besucher bewundern nicht nur die Farbenpracht der beleuchteten Stalagtiten und Stalagmiten, sie werden auch durch die Entstehungsgeschichte dieser besonderen Unterwelt mitgerissen.
Einzigartiges Naturphänomen Vor mehr als 500.000 Jahren verließ der Fluss Lesse sein natürliches Flusstal an den Grenzen der Ardennen, so die offizielle Erklärung der Parkverwaltung, um in das Kalkmassiv von Boine einzudringen. Nachdem die Lesse das Massiv teilweise durchquert hat, tritt sie 2 km weiter wieder aus.
Beim Durchqueren des Massivs hat die Lesse zur „Bildung eines außergewöhnlichen Gängesystems mit unterirdischen Tropfsteinhöhlen“ geführt, die heute als Tropfsteinhöhlen von Han bekannt sind. Weil das komplette Verschwinden des Flusses im Kalksteinmassiv von Boine als ein besonderes Naturphänomen gilt, spiegelt sich dieses Ein- und Austreten des Flusses im „Geopark-Logo“ wider.
Die Schönheit der Tropfsteine und der Räume, die durch den durchfließenden Fluss Lesse geformt wurden, macht die Tropfsteinhöhle von Han einzigartig. Diese Besonderheit wird auch durch die „drei Sterne-Bewertung“ im grünen Michelin-Reiseführer bestätigt.
30 Millionen Besucher in 150 Jahren
Laut der Parkverwaltung waren die Höhlen nicht nur das Ziel von mehr als 30 Millionen Besuchern seit 150 Jahren, sondern die Gegend von Han war auch immer ein beliebter Anziehungspunkt für Menschen. Besonders die Stelle, an der die Lesse aus dem Berg tritt, war seit der Jungsteinzeit als Kult- und Pilgerstätte bekannt. Die zahlreichen archäologischen Objekte, die auf dem Grund der Lesse und an ihren Ufern gefunden wurden, waren laut Angaben der Parkverwaltung vermutlich die Gegenstände, die absichtlich als Opfergabe ins Wasser geworfen wurden.
Empfehlenswert ist ebenfalls die Tour im umliegenden Wildtierpark, wo Wölfe, Luchse, Bären, Büffel, Hirsche, Damwild, Steinböcke und andere Tiere in der Freiheit oder Halbfreiheit leben.
Wer nach der Tour durch die Täler, Flüsse und Höhlen noch immer nicht genug von Han hat, kann schließlich im Museum „Han von Gestern“ das alltägliche und bäuerliche Leben der Einwohner von Han vor hundert Jahren erleben.