Vergangene Woche sorgten rassistische Entgleisungen von Polizisten in sozialen Netzwerken bundesweit für Schlagzeilen. Bei der Durchsuchung durch die Sonderkommission „Parabel“ am 16. September wurde bei 30 Polizeibeamten aus dem Umfeld der Polizeidienststelle Mülheim a. d. Ruhr (Eine Dienststelle des Essener Polizeipräsidiums) fremdenfeindliches Material gefunden. Die verdächtigten Beamten sollen in WhatsApp Gruppenchats rassistische Aussagen, Bilder und Symbole aus dem Dritten Reich verwendet haben. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) sprach von einer „Schande für die Polizei“ und versprach eine unverzügliche Aufklärung bis „ins kleinste Detail“. Gegen die vorläufig vom Dienst suspendierten Polizisten wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Vierzehn aus dieser Gruppe sollen vollständig aus dem Polizeidienst entfernt werden. In einem Interview mit der Welt, bestätigte Herbert Reul Hinweise über weitere mögliche Verdachtsfälle und schloss die Existenz weiterer derartiger Chats nicht aus.
In einem Schreiben vom 23. September appellierte der Innenminister an die Polizisten zur Aufklärung beizutragen. Bereits nach einem Vorfall Anfang des Jahres, nachdem bei einem Verwaltungsbeamten des Polizeipräsidiums in Hamm die Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Vereinigung aufgedeckt wurde, setzte das NRW-Innenministerium Extremismusbeauftragte beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten (LAFP) ein. Bei Verdachtsfällen solle es Anlaufstellen in 50 Polizeibehörden des Landes geben.
Der Fall von NRW ist nicht erste und wird auch nicht der letzte bleiben. Schon am folgenden Freitag wurden nach Durchsuchungen in Mecklenburg-Vorpommern 18 Mitarbeiter der Polizei des Austausches rechten Gedankenguts in Internetchats verdächtigt. Ende 2019 wurden in Bayern gegen 40 Polizeibeamte aufgrund volksverhetzender Inhalte Straf- und Disziplinarverfahren eingeleitet. Des Weiteren wurde bekannt, dass 2018 bei der hessischen Polizei Informationen von Personen über die polizeiinterne Datenbank angefragt wurden, in dessen Folge die Betroffenen Drohschreiben mit der Unterschrift NSU 2.0 erhielten. Es gibt weitere Fälle über Polizisten mit Verbindungen zu Reichsbürgern und offenkundigen Sympathien für rechtsextremes Gedankengut. Allein Nordrhein-Westfalen bestätigt seit 2017 über 100 Verdachtsfälle. Kann nach diesen Vorkommnissen ein struktureller Rassismus bei der Polizei noch ausgeschlossen werden? Diese Frage dürfte die zuständigen Behörden und Ministerien in den kommenden Wochen beschäftigen.
Die erneute Forderung, seitens der SPD, eine Studie zum Rassismus in der Polizei durchzuführen, werden sowohl von Herbert Reul (CDU) als auch von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach wie vor abgelehnt. Neben dem von Reul berufen Sonderbeauftragten für rechtsextreme Tendenzen der nordrhein-westfälischen Polizei, arbeitet eine Sonderinspektion der Essener Polizei an der Aufklärung des Skandals. Bereits vor mehreren Monaten kündigte Horst Seehofer gemeinsam mit dem Verfassungsschutz eine interne Untersuchung an, dessen Ergebnisse für Ende September erwartet werden. Statt einer Polizeistudie plädiert er für eine gesamtgesellschaftliche Rassismus-Studie. Doch der Zeitpunkt und Umfang einer Studie sowie der potenzielle Rassismus in der Polizei explizit untersucht werden soll wurde nicht weiter konkretisiert.