Unter dem Vorzeichen der Corona-Pandemie trafen sich rund 120 Vertreterinnen und Vertreter aus Migrantenorganisationen, Religionsgemeinschaften, Politik, Wirtschaft und Sport zum teilweise digital ausgerichteten 12. Integrationsgipfel. Im Zentrum des Gipfels standen zahlreiche Verbesserungen in der Erstintegration und Eingliederung von Migranten im Rahmen des „Nationalen Aktionsplans Integration der Bundesregierung“. Das Ziel des Projekts ist es, „die Integration vom ersten Tag zu unterstützen und das Fuß fassen in Deutschland auch in Zeiten der Corona-Pandemie zu erleichtern“. Doch „Die Corona-Pandemie trifft gerade Menschen mit Einwanderungsgeschichte und Geflüchtete hart“, sagte die Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU). Die aktuellen Umstände erschweren die Teilhabe an der Gesellschaft und somit die Integration vor allem für kürzlich Eingewanderte. Unter diesen Umständen betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass „deshalb der Aufgabe des Zusammenhalts der Gesellschaft, und dazu gehört für mich Integration, unser besonderes Augenmerk“ gilt.
„Wir wissen, dass gerade Menschen mit Migrationshintergrund in Berufen arbeiten oder Beschäftigungsverhältnisse haben, die als erste unter Druck geraten.“, sagte die Bundeskanzlerin. Unterdessen warnte der Internationale Migrationsausblick 2020 der OECD vor einer Gefährdung der Fortschritte, die in den vergangen 10 Jahren bei der Integration von Migranten in den Arbeitsmärkten erreicht wurden. „In allen Ländern, für die Daten verfügbar sind, ist die Arbeitslosigkeit unter den Zugewanderten stärker gestiegen als unter den im Inland Geborenen. So fiel der bisherige Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland zu 34 Prozent auf jene mit ausländischer Staatsbürgerschaft. Sogar bei 42 Prozent liegt der Wert, wenn alle Bürger mit Migrationshintergrund einbezogen werden.“, so die Studie. Menschen mit Migrationshintergrund „arbeiten oft in Branchen, die besonders mit den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu kämpfen haben, wie Handel, Logistik oder dem Gastgewerbe. Gleichzeitig sind wichtige „Integrationsangebote ausgefallen oder können nur eingeschränkt stattfinden.“, konstatierte die Integrationsbeauftragte. Dem möchte die Regierung mit einer „Digital-Offensive“ entgegensteuern.
Digitale Integrationskurse, Sprachförderung und gezielte Beratung in sozialen Netzwerken soll vor allem Frauen beim Berufseinstieg und der Arbeitsmarktintegration helfen. Der Vorsitzende der Immigrantenverbände in Deutschland, Ertan Toprak (CDU), sagte jedoch dem ZDF-Morgenmagazin, dass viele Menschen in Flüchtlingsunterkünften „keinen Zugang zum Internet“ haben. Demnach sei hier die Umsetzung der digitalen Angebote problematisch. Unabhängig des digitalen Angebots, soll die Anerkennung von Berufs- und Bildungsabschlüssen als Einstieg in den Arbeitsmarkt verbessert werden. Jedoch erschweren die Kontaktbeschränkungen und die Arbeitsmarktsituation, die Unterstützung der Arbeitsmarktintegration sowie das Engagement und die gesellschaftliche Integration vor Ort. Der Vertreter der Migrantenverbände Memet Kilic vom Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat, betonte auf der Pressekonferenz des Integrationsgipfels mehrfach die Teilhabe vor Ort als wichtige Säule der Integration. Gleichzeitig gefährden die zeitweise geschlossenen Schulen und Kitas, die Förderung von frühkindlicher Bildung. Die Bundeskanzlerin warnte bereits in der Vergangenheit, dass junge Menschen „jetzt nicht zu den Verlierern der Pandemie werden“ dürfen. Das dürfte vor allem junge Menschen mit Migrationshintergrund betreffen.
Optimistisch hinsichtlich der Umsetzung zukünftiger Maßnahmen stimmten Ali Ertan Toprak, die bisher gute Zusammenarbeit mit den staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren, sowie die erstmalig sehr systematische Integrationspolitik der Bundesregierung. Er verwies auf „Migrantenorganisation, die als Brücke zwischen Politik, Gesellschaft und den Zuwanderern“ fungieren können. Dem schloss sich Hamidou Bouba vom Verband für interkulturelle Wohlfahrtspflege, Empowerment und Diversity an und sagte, dass Migrantenorganisationen „Brückenbauer“ zwischen den Kulturen seien. Die Autoren der OECD-Studie machen es „von der Migrations- und Integrationspolitik der Regierungen“ abhängig, „ob eine starke und inklusive Erholung von der Krise gelingt“. Staatsministerin Annette Widmann-Mauz pflichtet dem bei und mahnte: „Wir dürfen trotz Corona bei der Integration keine Zeit verlieren.“