Morgen schon zu spät?

Mai 14, 2024
Auf dem Foto ist eine Rentnerin und eine junge Frau zu sehen. Die junge Frau hat den rechten Arm auf die Schulter der Rentnerin gelegt.
Bild: CC0 2.0 by Andrea Piacquadio via Pexels.com.

Die Lage ist heikel, denn manche Politiker fordern die Frührente abzuschaffen. Viele sehen darin eine Aufschiebung des wohlverdienten Lebensabends und fragen sich wie ein Leben in Würde im Alter noch möglich sein wird. Wer früher und wer würdevoll in Rente gehen will, sollte lieber heute als morgen die nötigen Vorbereitungen dafür treffen.

Als das Gesetz der Invaliditäts- und Altersversicherung am 22. Juni 1889 in Kraft trat, gab es unter Otto von Bismarck zwei Jahre eine intensive öffentliche Diskussion über das Thema. Die Rente wurde hauptsächlich im Falle einer Arbeitsinvalidität ausgezahlt. 

Die Altersrente galt als ein „Zuschuss zum Lebensunterhalt“ und wurde erst mit der Vollendung des 70. Lebensjahres ausgezahlt, obwohl die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen um 1889 deutlich niedriger war. Im Jahre 1910 betrug die Lebenserwartung der Männer 45 Jahre und die Lebenserwartung von Frauen 48 Jahre. Anders als heute war die Rente damals bloß ein kleiner Zuschuss zum Lebensunterhalt. 

Die Auswirkung der Weltkriege auf die Rente

Die Folgen des ersten Weltkrieges wirkten sich auch auf das Rentensystem aus. Zunächst einmal wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre abgesenkt, was zu einer Verdoppelung der Rentenbezieherinnen führte. Als Folge des Krieges vervierfachte sich die Zahl der Bezieherinnen, auch durch die hohe Zahl der Kriegswitwen und Waisenrenten. 

Um die Folgen der Hyperinflation 1923 abzuschwächen wurden die Beitragsgestaltung und die Rentenzulagen angepasst, was dazu führte, dass die Bedeutung der Rentenversicherung auf den Berechtigungsnachweis der Sonderfürsorge absank. 

Mit der Weltwirtschaftskrise die in den Jahren 1930 bis 1932 folgte, reagierte die Rentenversicherung mit mehrfachen Einschränkungen des Rentenleistungsrechts. 

Im Mai 1933 wurde die Sozialversicherung politisch gleichgeschaltet. Im Juli 1934 wurden die Selbstverwaltungsorgane formal beseitigt. Sozialpolitische Fortschritte dienten im Dritten Reich zur Beruhigung der Arbeiterinnen. Hauptanliegen waren damals die Rüstungsausgaben, so wurden Überschüsse aus der Sozialversicherung zur Deckung der Rüstungsausgaben aufgewendet. 

Die Rassenpolitik der Nationalsozialisten wurde auf die Sozialpolitik übertragen: Jüdinnen und Juden und andere Verfolgte wurden aus der sozialen Sicherung ausgeschlossen, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter blieben ohne Ansprüche. Darüber hinaus wurden die sozialen Sicherungssysteme beibehalten. 

Das Kriegsende und die Rente

Nach Zusammenbruch des Dritten Reichs wurde die Rentenversicherung trotz zahlreicher Leistungseinschränkungen aufrechterhalten. Während in der sowjetisch besetzten Zone ab 1947 eine Einheitsversicherung aufgebaut und die Rentenversicherung verstaatlicht wurde, wurde im Westteil Deutschlands die Rentenversicherung in ihren wesentlichen Bestandteilen beibehalten. 

Die Rentenausgaben erreichten 1952 insgesamt nur 2,5% der Rentenausagben von 1989. 

In der Nachkriegszeit bis zur Rentenreform 1957 hatte die gesetzliche Rentenversicherung in den alten Bundesländern allein einen Unterstützungscharakter. Die monatliche Mindestrente von 50 DM war kein adäquater Lohnersatz, sondern eine unterstützende Hilfe zum Lebensunterhalt. 

Das Rentensystem in der BRD

Erst unter Konrad Adenauer wurde 1957 die entscheidende Umstellung des bundesdeutschen Rentensystems eingeleitet. Bis dahin lag der Rente das Kapitaldeckungsverfahren zugrunde. Dies wurde schrittweise durch das umlagenfinanzierte Modell ersetzt. 

Bei der Umlagenfinanzierung wird der Bedarf der Rentnerinnen und Rentner direkt aus den laufenden Beitragseinnahmen gedeckt. Die Hauptidee dahinter ist, dass es möglich ist die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung durch die aktiven Beiträge der Versicherten und Arbeitgeberinnen zu decken. Dies wird auch Generationenvertrag genannt.

Erst mit der Umstellung durch Konrad Adenauer war es möglich ein Versicherungssystem aufzubauen, das Lohnersatzleistungen möglich machte, um den Lebensunterhalt im Alter zu sichern. Zudem wurden die Renten fortwährend an der aktuellen Lohnentwicklung angepasst und dies ermöglichte es den Renterinnen und Rentnern aktiv an den Produktivitätsfortschritten der Wirtschaft teilzuhaben. 

Heute ist die Rente die Existenzgrundlage für die meisten älteren Menschen. Doch wird die Rente den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen gerecht?

Und wie viel Rente bleibt Ihnen?

Als der Generationenvertrag entstand, erwartete niemand, dass die Lebenserwartung so stark steigen würde, noch dass die Geburtenzahlen sinken würden. Rentnerinnen und Renter sammeln Pfandflaschen, die Altersarmut ist schon wieder angestiegen, wenn auch leicht. 

Nach Daten des Statistischen Bundesamtes sind 18,1% der Menschen ab 65 Jahren armutsgefährdet. Bei den Frauen ab 65 Jahren liegt die Armutsgefährdung bei 20,02%. 

Nicht umsonst verweist die Deutsche Rentenversicherung in ihrer jährlichen Renteninformation auf den Kaufkraftverlust und empfiehlt auch den Abschluss einer zusätzlichen Absicherung.  

Die Lage ist heikel, denn manche Politiker fordern die Frührente abzuschaffen. Viele sehen darin eine Aufschiebung des wohlverdienten Lebensabends und fragen sich wie ein Leben in Würde im Alter noch möglich sein wird. Wer früher und wer würdevoll in Rente will, sollte lieber heute als morgen die nötigen Vorbereitungen dafür treffen. 

Laut der Deutschen Rentenversicherung beantragten 444.579 Versicherte im Jahr 2022 eine Frührente, während nur 340.193 Versicherte zum regulären Rentenstart in Rente gingen. Dieser Trend nimmt zu. 

Steuervorteile nutzen

Es ist sehr empfehlenswert Steuervorteile zu nutzen. Rentenbeiträge sind seit Anfang 2023 voll steuerlich absetzbar. Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Zahlung an. Es gibt allerdings einen steuerlichen Höchstbeitrag von 27.566€ jährlich. Für Ehepaare mit gemeinsamer Steuererklärung bedeutet dies, dass sie in Summe doppelt so viel einzahlen können.

Die Frührente ist im Trend und es wird nicht abklingen, zumal seit Anfang 2023 Frührentnerinnen unbegrenzt dazuverdienen können.

So greift der Bund auf Gelder der Rentenkasse zu

Seit einem Bericht der WirtschaftsWoche vom 14.05.2024 ist klar: Der Staat hat in den vergangenen Jahren immer wieder milliardenhohe Beiträge aus der Rentenversicherung aufgewendet für beitragsfremde Leistungen. 

Neben der Inflation und der damit einhergehenden sinkenden Kaufkraft, neben dem demographischen Wandel und der steigenden Lebenserwartung spielt auch der Staat eine wichtige Rolle, da er zusätzliche Aufgaben auf das Rentensystem abwälzt. 

Rentenbeiträge sind keine Gelder, die für allgemeine Zwecke verwendet werden sollten. Rentenbeiträge sollten nur für die Rente eingesetzt werden. Dennoch hat der Bund seit Jahrzehnten auf die Mittel der Deutschen Rentenversicherung zugegriffen. 

Es stimmt allerdings auch, dass der Staat jährlich Milliarden an Steuersummen in die Rentenversicherung einzahlt, damit das System nicht überfordert wird. Laut Statistischem Bundesamt hat die Bundesregierung im Jahr 2022 die Rentenversicherung mit rund 81 Milliarden Euro bezuschusst.

Dennoch ist es falsch Gelder für gesamtgesellschaftliche Aufgaben aufzuwenden, die nur die Rentenbeitragszahler gezahlt haben. Für allgemeine Zwecke stehen Steuergelder zur Verfügung, so die Theorie. 

Der Bund belastet das Rentenversicherungssystem immer wieder mit Leistungen. Dazu gehören Maßnahmen wie die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, Sonderregeln für die Erwerbsminderungsrente oder Renten für Aussiedler aus dem ehemaligen Ostblock. Im engeren Sinne haben diese Maßnahmen nichts mit der Rentenversicherung zu tun. 

Die Ausgaben für diese „versicherungsfremden Leistungen“ beliefen 2020 auf 63 bis 112 Milliarden Euro. 

Durch die Zugriffe auf die Gelder der Deutsche Rentenversicherung durch den Bund, fehlten der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2020 37 Milliarden Euro.

Die Private Altersvorsorge — eine gute Option?

Würdevolles Altern bedeutet, dass Menschen ihren Lebensstandard im Alter beibehalten können. Die gesetzliche Rente kommt zu spät, ist zu wenig und hat mittlerweile wieder einen „Zuschusscharakter“. Das war auch einst ihre Bestimmung. Die Blütezeit, in der wirtschaftliche Entwicklung und ein funktionierender Generationenvertrag aufeinander trafen, gehört längst der Vergangenheit an. 

Aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen zeigen: Kein Weg geht an der privaten Vorsorge vorbei für einen angenehmen Lebensabend. Dies macht auch die Geschichte mit der Grille und der Ameise wieder aktuell. Der Winter kommt jedes Mal schneller als gedacht und dasselbe gilt auch für das Alter. 

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